17.06.2010, 07:31
Hallo,
Noelle, ich denke, dass Papageien "faul" sind und ihr Gehirn benutzen, um Dinge leichter oder noch mehr nach ihrem Wunsch zu gestalten. Beim Menschen heißt das "Effizienz" :-).
ET hat gelernt, Becher bringen = Leckerli. Becher bringen wird durch Leckerli belohnt, also lohnt sich Becher bringen, wenn ET ein Leckerli will.
Der nächste Schritt ist, das Ganze effizienter zu gestalten: also den Becher einfach bei sich behalten und nur damit rumwedeln. Spart Arbeit, und führt auch zum Leckerli. Fällt uns eigentlich auf, wie sie uns trainieren? :-) Jedenfalls hat ET den Vorgang optimiert. Das ist meiner Ansicht nach nicht nur Lernen, sondern gezielte Manipulation der Umwelt - und das ist schon ein ganz anderes Kaliber, weil ET damit eigentlich selbst die Methode ABC anwendet :-).
Ich glaube übrigens nicht, dass das bei Papageien so selten ist; ander User hier werden sicher viele ähnliche Beispiele anbringen können.
Uhu, ich habe offen gesagt Probleme mit dem Begriff "unerwünschtes Verhalten"; er hat den Beigeschmack von lieben, süßen, Kuscheltieren, die immer nur das machen machen, was der Mensch will. Ich weiß, dass Du es natürlich nicht so meinst, aber ich muss immer dagegen kämpfen, diesen Begriff neutral zu verwenden.
Gleich Dein zweiter Absatz bringt mich schwer ins Grübeln:
Wenn Training etwas mit Enrichment zu tun hat (und genau daran habe ich gedacht) UND ein Ara Spaß am Rollschuhfahren hat, ist das nicht verwerflich (los, steinigt mich jetzt alle *grins*). Ob ein Vogel lernt, seinem Menschen Leckerlis aus der Tasche zu locken, oder den Rückruf, oder Rollschuhfahren, ist vom Lernprozess her egal. Ich mag es nur nicht, wenn diese Verhaltensweisen mit der angeberischen "Sieh mal, was ich meinem Vogel beibegracht habe" - Pose vorgeführt werden; dies ist für mich unerwünschtes Verhalten bem Halter.
Wir kennen doch alle "Spiele" unserer Vögel, die objektiv nicht artgerecht sind (in Noelles Beispiel: im Freiland gibt es keine Becher), aber dem Vogel offensichtlich viel Spaß machen. Ich habe da kein Problem mit; der Papagei ist beschäftigt, hat ein Aufgabe, kann seine Sinne und seinen Verstand benutzen - und: diese "Spiele" haben fast immer auch mit sozialer Interaktion zu tun!
Übersprungs- und Leerlaufhandlungen glaube ich tatsächlich beobachten zu können, aber was sagt das aus? Wenn mal wieder ein Stück aus der Tür herausgefräst wurde und es ein Donnerwetter gibt, ist deutlich ein flüchtiges, angedeutetes Putzen mit Blick auf den Menschen erkennbar, für mich eine Handlung aus situativer Unsicherheit. Nur: das Etikett "Übersprungshandlung" beschreibt nur das Verhalten, erklärt es aber nicht. Es ist für mich beim Thema "Verhalten" von ganz zentraler Bedeutung, Beschreibung und Erklärung sauber auseinander zu halten, und solche Schlagwörter beschreiben eben nur, liefern aber keine Antwort auf die Frage "warum ... ?".
Andererseits:
Aber ich sehe schon, dass wir auf eine Auseinandersetzung zusteuern, die vielleicht sehr fruchtbar sein kann: Du erwähnst Pawlow und Skinner, und siehst bei mir den Ansatzpunkt in Verhaltensbiologie (im weitesten Sinne). Das ist völlig OK, aber sehen wir doch mal, was wir daraus machen können.
Ich behaupte mal ganz dreist, dass auch Lernen nur aus dem Verständnis des gesamten Kognitions- und Verhaltenskomlexes heraus verstanden werden kann.
Zu den Definitionsfragen mache ich mir später noch Gedanken - im Geierzimmer randaliert gerade ein Kakadu und will zum Morgen seinen Schwarm zusammentrommeln :-)
Noelle, ich denke, dass Papageien "faul" sind und ihr Gehirn benutzen, um Dinge leichter oder noch mehr nach ihrem Wunsch zu gestalten. Beim Menschen heißt das "Effizienz" :-).
ET hat gelernt, Becher bringen = Leckerli. Becher bringen wird durch Leckerli belohnt, also lohnt sich Becher bringen, wenn ET ein Leckerli will.
Der nächste Schritt ist, das Ganze effizienter zu gestalten: also den Becher einfach bei sich behalten und nur damit rumwedeln. Spart Arbeit, und führt auch zum Leckerli. Fällt uns eigentlich auf, wie sie uns trainieren? :-) Jedenfalls hat ET den Vorgang optimiert. Das ist meiner Ansicht nach nicht nur Lernen, sondern gezielte Manipulation der Umwelt - und das ist schon ein ganz anderes Kaliber, weil ET damit eigentlich selbst die Methode ABC anwendet :-).
Ich glaube übrigens nicht, dass das bei Papageien so selten ist; ander User hier werden sicher viele ähnliche Beispiele anbringen können.
Uhu, ich habe offen gesagt Probleme mit dem Begriff "unerwünschtes Verhalten"; er hat den Beigeschmack von lieben, süßen, Kuscheltieren, die immer nur das machen machen, was der Mensch will. Ich weiß, dass Du es natürlich nicht so meinst, aber ich muss immer dagegen kämpfen, diesen Begriff neutral zu verwenden.
Gleich Dein zweiter Absatz bringt mich schwer ins Grübeln:
Wenn Training etwas mit Enrichment zu tun hat (und genau daran habe ich gedacht) UND ein Ara Spaß am Rollschuhfahren hat, ist das nicht verwerflich (los, steinigt mich jetzt alle *grins*). Ob ein Vogel lernt, seinem Menschen Leckerlis aus der Tasche zu locken, oder den Rückruf, oder Rollschuhfahren, ist vom Lernprozess her egal. Ich mag es nur nicht, wenn diese Verhaltensweisen mit der angeberischen "Sieh mal, was ich meinem Vogel beibegracht habe" - Pose vorgeführt werden; dies ist für mich unerwünschtes Verhalten bem Halter.
Wir kennen doch alle "Spiele" unserer Vögel, die objektiv nicht artgerecht sind (in Noelles Beispiel: im Freiland gibt es keine Becher), aber dem Vogel offensichtlich viel Spaß machen. Ich habe da kein Problem mit; der Papagei ist beschäftigt, hat ein Aufgabe, kann seine Sinne und seinen Verstand benutzen - und: diese "Spiele" haben fast immer auch mit sozialer Interaktion zu tun!
Zitat:Sie können die Haltung so weit erschweren, dass eine Abgabe erforderlich wird. Eine Abgabe, die eigentlich nicht notwendig wäre, wüssten Menschen mehr über das Lernen der Papageien (und um ihre möglichst artgerechte Haltung).Ja - aber ich bin mir unsicher, ob das wirklich nur etwas mit Lernen zu tun hat, oder ob uns nicht sehr viel Wissen um ihr komplexes Verhalten, ihre Bedürfnisse, Lebensgewohnheiten ... fehlt?
Übersprungs- und Leerlaufhandlungen glaube ich tatsächlich beobachten zu können, aber was sagt das aus? Wenn mal wieder ein Stück aus der Tür herausgefräst wurde und es ein Donnerwetter gibt, ist deutlich ein flüchtiges, angedeutetes Putzen mit Blick auf den Menschen erkennbar, für mich eine Handlung aus situativer Unsicherheit. Nur: das Etikett "Übersprungshandlung" beschreibt nur das Verhalten, erklärt es aber nicht. Es ist für mich beim Thema "Verhalten" von ganz zentraler Bedeutung, Beschreibung und Erklärung sauber auseinander zu halten, und solche Schlagwörter beschreiben eben nur, liefern aber keine Antwort auf die Frage "warum ... ?".
Zitat:Beobachtungen von Verhalten der Papageien in der freien Natur können meiner Meinung nach nicht 1:1 auf das Verhalten der Papageien in Menschenobhut übertragen werden - eben weil Papageien lernen, abhängig vom "sozialen Kontext"!Das sehe ich anders: sie lernen ja nicht nur, sie leben auch. Wir wissen doch noch nicht einmal genau, was ihnen genetisch mit auf den Weg gegeben ist, und was erlernt wurde. Sicher sind einige Verhaltensweisen "fest verdrahtet", aber welche Schritte zu Befriedigung eines Bedürfnisses unternommen werden, kann sehr unterschiedlich sein. Darum glaube ich, dass wir von den Freilandbeobachtungen sehr viel lernen können; natürlich nicht 1:1, aber sehr viel über die Art, wie sie vom Menschen unbeeinflusst leben.
Andererseits:
Zitat:Arteigenes Verhalten - Aufstellen der Kopffedern - Bedeutung dieses VerhaltensIch habe das Buch nicht gelesen und werde es auch nicht tun. Jeder hier weiß, wieviel Quark über die Gestik der Haube verzapft wird - und jeder hier wird bestätigen, dass es nicht nur auf die Haube, sondern auch auf die Körperhaltung und die Feder-Mimik im Gesicht ankommt. Aber dafür brauche ich keine Freilandbeobachtung, sondern muss nur genau hinsehen und mich einige Jahre mit dem Geier befassen. Einer unserer Kakadus hat übrigens nach unserem Dafürhalten mindestens 8 verschiedene Gesichtsausdrücke der Ablehnung; von leichtem Verärgertsein bis hin zu "gleich gibts Krieg".
Aber ich sehe schon, dass wir auf eine Auseinandersetzung zusteuern, die vielleicht sehr fruchtbar sein kann: Du erwähnst Pawlow und Skinner, und siehst bei mir den Ansatzpunkt in Verhaltensbiologie (im weitesten Sinne). Das ist völlig OK, aber sehen wir doch mal, was wir daraus machen können.
Ich behaupte mal ganz dreist, dass auch Lernen nur aus dem Verständnis des gesamten Kognitions- und Verhaltenskomlexes heraus verstanden werden kann.
Zitat:Verhaltensbiologie - wo liegt der "Schwerpunkt":Sorry für die flapsige Antwort: JA. Es gibt m.E. keinen Schwepunkt, alles ist interessant.
Wie Papageien lernen
Wie Papageien lernen
Wie Papageien lernen
Zu den Definitionsfragen mache ich mir später noch Gedanken - im Geierzimmer randaliert gerade ein Kakadu und will zum Morgen seinen Schwarm zusammentrommeln :-)
g,
hein
traue niemals einem Raptor :-)
hein
traue niemals einem Raptor :-)